Einblick in die verschiedenen Anforderungen an einen Hubschrauber Simulator

Flugsimulatoren sind seit vielen Jahrzenten ein wichtiges Element in der Piloten Aus- und Weiterbildung. Dabei sind die Fähigkeiten der Simulatoren mit dem Fortschritt der Technologien von einfachsten Werkzeugen zum Erlernen von Grundfähigkeiten bis hin zum Full-Flight Simulator (FFS) zum Trainieren von komplexen Szenarien gewachsen. So können heute beispielsweise neben Landetrainings auch Trainings von Notsituationen abgeschlossen werden, die im realen Flugbetrieb nicht geübt werden können.

Flugsimulatoren kommen im Bereich der Flächenflieger sowie bei Hubschraubern gleichermaßen zum Einsatz. Gerade im Bereich der Hubschrauberfliegerei kommt den Simulatoren aufgrund des sehr großen und komplexen Einsatzspektrums (z.B. Außenlasttransport, Search and Rescue, Windenrettung) eine große Bedeutung zu, um die Piloten bestmöglich auf ihre Missionen vorzubereiten. Hubschrauber Simulatoren müssen ein sehr breites Trainingsfeld abdecken können, um den Bedarf des Markts gerecht zu werden.

Heutige Hubschrauber Simulatoren, welche zur professionellen Ausbildung, zum Training und zur Prüfung von Piloten zum Einsatz kommen, müssen für den europäischen Raum den Anforderungen der CS-FSTD(H) (Certification Specifications – Flight Simulation Training Devices for Helicopter) der EASA gerecht und qualifiziert werden. Dabei werden die verschiedenen Trainingsgeräte durch die CS-FSTD(H) in verschiedene Klassen und Stufen eingeteilt, welche sich hinsichtlich der Güte und Qualität der Simulation und auch hinsichtlich deren technischer Komplexität in aufsteigender Reihenfolge wie folgt darstellen lassen.

Dabei gibt die CS-FSTD(H) nicht nur vor, über welche Subsysteme ein Simulator verfügen muss, sondern auch welche Güte die jeweiligen Subsysteme erfüllen müssen. Dies kann am Beispiel des Cockpits veranschaulicht werden. Ein Flight and Navigation Procedures Trainer (FNPT) erfordert ein generisches, Typen unspezifisches Cockpit mit einer minimalen Ausstattung der für Flug und Navigation erforderlichen Geräte. Ein FFS hingegen erfordert ein Cockpit, das hinsichtlich der Geometrie und der Avionik Ausstattung und Funktionalität den originalen Hubschraubertyp 1:1 nachbildet.

Abbildung 1: Cockpithardware H145 Full-Flight Simulator

Der FNPT stellt die niedrigste Klasse der Simulatoren dar und wird primär für die Pilotengrundausbildung verwendet. Ein FNPT muss nicht typspezifisch ausgeführt werden, wobei die einzelnen Systemkomponenten die nachfolgend geschilderte Ausprägung erfüllen müssen. Ein FNPT ist mit einem einfachen Sichtsystem ausgestattet und verfügt über ein generisches Cockpit, ein generisches Flug-, Sound- und Kraftmodell sowie Systemverhalten.
FNPTs dienen primär zur Grund- und Auffrischungsschulung. Sie ermöglichen das Training von Standard- und Sicherheitsprozeduren, sowie Notverfahren und Instrumentenflug. Zusätzlich können FNPTs mit der Fähigkeit zur Multi Crew Coordination (MCC) qualifiziert werden und erlauben damit das Training der Crew Koordination.

Ein Flight Training Device (FTD) stellt die mittlere Klasse der drei Simulatortypen dar. Im Vergleich zum FNPT ist ein FTD typspezifisch ausgeführt. Somit erfordert der FTD eine vollständige und maßstabsgetreue Nachbildung für Cockpit, Instrumente und Ausrüstungen eines bestimmten Hubschraubertyps. Die Güte für das Systemverhalten, wie z.B. für Flug- und Soundmodell variiert dabei für die unterschiedlichen FTD Stufen von generisch bis hin zu typspezifisch. Ein FTD bietet zu den Fähigkeiten eines FNPTs das Training von typspezifischen Prozeduren und wird u.a. für die Vorbereitung der Piloten auf neue Hubschraubertypen, aber auch für Type Ratings eingesetzt.

Abbildung 2: FullFlight Simulator mit Motion-System

Das obere Ende hinsichtlich der Performance und der Güte der Simulation bilden die FFS. Im Vergleich zum FTD sind FFS zusätzlich mit einer Vibrationsplattform und einem sogenannten Motion-System ausgestattet. Die Vibrationsplattform übernimmt dabei die Simulation der mittleren Frequenzen und das Motion System simuliert Beschleunigungen mit niedrigen Frequenzen.

Der im Vergleich zum FTD nochmal größere Projektionsbereich des Sichtsystems des FFS erhöht in Kombination mit allen anderen Systemen nochmals die Realitätstreue. Der Pilot nimmt im FFS den Unterschied zu einem realen Flug nur noch sehr wenig wahr und „taucht“ damit mit all seinen Sinnen in die Simulation mit ein. Dies wird auch „Simulation Immersion“ genannt. Ein FFS bietet somit neben den Fähigkeiten eines FTDs die Durchführung von Leistungs- und Fähigkeitschecks.

Je nach FSTD Klasse, können gewisse Anteile des Trainings vom realen Hubschrauber auf die Simulatoren übertragen werden, was, gerade bei teuren Fluggeräten, zu sehr großen Kostenersparnis führt. 

Um die Unterschiede der einzelnen FSTD Klassen und Stufen zu verdeutlichen, sind in der folgenden Tabelle die unterschiedlichen Ausprägungen einiger Sub-Systeme für die drei Klassen beispielhaft aufgeführt.

FNPT

FTD

FFS

Generisches Flugmodell mit Auswirkungen von Änderungen der Aerodynamik und der Umgebung bei verschiedenen Kombinationen von Fluggeschwindigkeit und Leistung, die normalerweise im Flug auftreten. Ausreichende aerodynamische und umweltbezogene Modellierung des entsprechenden Hubschraubertyps. Zugeschnitten auf den jeweiligen Hubschraubertyp.

 

FNPT

FTD

FFS

Funktionsfähige Instrumente an einer räumlich korrekten Position.

Ein Bedienfeld in voller Größe des nachgebildeten Systems mit funktionsfähigen, sehr genauen Bedienelementen und Schaltern sowie einer Beleuchtung der Schalttafeln und Instrumente für den durchzuführenden Betrieb.

Ein geschlossener, maßstabsgetreuer Nachbau des Hubschraubercockpits mit repräsentativen Pilotensitzen einschließlich Simulation aller Systeme, Instrumente, Navigationsgeräte, Kommunikations-, Warn- und Vorwarnsysteme.

 

FNPT

FTD

FFS

150° horizontal und 40° vertikal.

150° horizontal und 60° vertikal; Nacht-Szenario möglich.

180° horizontal und 60° vertikal; Nacht-Szenario möglich.

 

FNPT

FTD

FFS

Funktional Realistische Triebwerk- und Rotorgeräusche. Realistische Triebwerk- und Rotorgeräusche.

 

FNPT

FTD

FFS

Nein Nein Ja

 

FNPT

FTD

FFS

Nein Nein Ja, mit mindestens drei Freiheitsgraden (Nicken, Rollen und Gieren).

 

Tabelle 1: Übersicht der verschiedenen Anforderungen an Simulatoren.

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Hubschrauber Simulatoren der oben beschriebenen Klassen werden in Europa nach dem CS-FSTD(H) Standard der EASA qualifiziert. Dabei müssen die Trainingsgeräte definierte Kriterien/Tests erfüllen. Die nachzuweisenden Anforderungen werden durch die sogenannten Qualification Test Guides (QTG) Tests nachgewiesen. Hierbei handelt es sich um ein Dokument, das sämtliche notwendige Tests (QTG Tests) – für das zu qualifizierende FSTD – beschreibt und die Ergebnisse dafür dokumentiert.
Die QTG Tests lassen sich dabei in zwei Kategorien aufteilen, die subjektiven und die objektiven Tests. Bei den subjektiven Tests wird das Verhalten des Simulators aus Sicht des Piloten überprüft. Subjektive Eindrücke, wie das Gefühl des Piloten hinsichtlich der Haptik sowie des Flugverhaltens, stehen hier im Mittelpunkt. Bei den objektiven QTG Tests werden konkrete Messungen für verschiedenste Werte erfasst, z.B. die Kraftkurven der Steuerelemente oder das Rotordrehmoment während verschiedener Flugphasen. Die Testergebnisse werden mit den sogenannten Validierungsdaten (erfasste Flugdaten) verglichen, um festzustellen, ob die Werte innerhalb der vorgegebenen Toleranzen liegen.
Für die Erstqualifikation eines FSTD wird durch den Simulator Betreiber in Zusammenarbeit mit der qualifizierenden Behörde das sogenannte „Master Qualification Test Guide“ Dokument erstellt. Dieses Dokument dient einerseits zur Dokumentation der Testergebnisse nach der Qualifikationsvorschrift CS-FSTD(H) und andererseits als Vergleichsgrundlage für die über ein Jahr gestaffelte Wiederholung aller QTG Tests durch den Simulator Betreiber zum Nachweis für die jährliche Re-Qualifikation.

Die EASA überarbeitet aktuell die CS-FSTD(H) hinsichtlich der Ausprägung und Vielfalt der zukünftigen Klassen von Flugsimulatoren. Von den 3 Klassen mit ihren insgesamt 10 Stufen soll der Wandel zu der sogenannten „FSTD Capability Signature“ (FCS) vollzogen werden. Mit der FCS sollen Simulatoren über 12, bei Hubschraubern sogar 13 Charakteristiken mit jeweils vier unterschiedlichen Ausprägungen definiert werden. Die Ausprägungen sind wie folgt in aufsteigender Güte beschrieben: N – nicht angewendet / G – generisch / R – repräsentative / S – spezifisch.
Durch dieses Vorgehen ergeben sich extrem viele verschiedene technische Ausprägungen von Flugsimulatoren (67,1 Mio. theoretische Permutationen im Fall von Hubschraubern). Diese Diversifizierung soll es Betreibern und Simulator Herstellern ermöglichen, Simulatoren genau auf die Anforderungen des jeweiligen Trainings maßzuschneidern. Dies wird mit Sicherheit das Angebot an Flugsimulatoren stark verändern. Es ist damit zu rechnen, dass in Zukunft weniger Simulatoren erforderlich sein werden, die mit großen, komplexen und teuren FFS vergleichbar sind, sondern vermehrt kleinere, weniger komplexe und dafür kostengünstigere Simulatoren gebaut werden.

Neben diesem Wandel durch die Regularien treibt natürlich auch der technologische Fortschritt die Welt der Simulation weiter voran. Ein großer Wandel wird vor allem durch den Einsatz von Virtual / Mixed Reality (VR/XR) Technologie erwartet. Die VR/XR Geräte werden immer leistungsfähiger und eröffnen damit den Weg in die professionelle Anwendung von Flugsimulatoren.
Durch die Verwendung von z.B. XR-Brillen besteht die Möglichkeit, dass ein Simulator ohne das große, schwere und teure Sichtsystem, bestehend aus den Projektoren und der Projektionsfläche, auskommt. Alleine dadurch reduziert sich das Gewicht und die Komplexität der Simulator Hardware signifikant. Auch die Anforderungen an die Infrastruktur sind wesentlich geringer und eröffnen völlig neue Möglichkeiten.
Es ist heute schon absehbar, dass der Einsatz dieser Technologie die Welt der Flugsimulatoren in Zukunft stark beeinflussen wird. Die ersten Demonstratoren für Flugsimulatoren mit VR/XR Technologie stehen schon zur Verfügung.

Wenn Sie mehr zum Einsatz von VR/XR Technologien im Bereich der Simulatoren erfahren möchten, verweisen wir gerne auf unseren Artikel „Die virtuelle Welt“.

Florian Bayerlein
Junior Projektleiter